Biologische Bausteine und Bioprozessentwicklung

Biologische Bausteine und Bioprozessentwicklung

Die Arbeitsgruppe »Biologische Bausteine und Bioprozessentwicklung« beschäftigt sich mit der Entwicklung und Herstellung neuer biologischer Bausteine für Materialien. Diese können entweder direkt zu Materialien verarbeitet oder zur Biofunktionalisierung bestehender Materialien und so zur Erzeugung neuer Eigenschaften eingesetzt werden.

Durch die Verwendung biologischer Bausteine kann die Evolutions- und Syntheseleistung der Natur genutzt und neue innovative Materialien verschiedenste Anwendungsbereiche erzeugt werden. Zudem wird es möglich, erdölbasierte Materialien durch biobasierte zu ersetzen. Anwendung finden die biologischen Bausteine und Konzepte in biobasierten Kunststoffen, Beschichtungen, Klebstoffen, Lacken, Textilien, medizinischen Materialien und Kosmetika.

Die Entwicklung biotechnologischer Produktions- und Aufarbeitungsprozesse der Bausteine gehört ebenso zum Portfolio der Arbeitsgruppe. Im Biotechnikum können Proteine und Plattformchemikalien im 100L-Maßstab produziert und auf dies Weise ausreichende Mengen für sich anschließende Materialentwicklungen zur Verfügung gestellt werden.

Unsere Themen

  • Biofunktionalisierung von Materialien
  • Entwicklung enzymatischer Konversionen
  • Verwertung pflanzlicher Biomasse / nachwachsender Rohstoffe
  • Entwicklung und Optimierung von Fermentationsprozessen (2-100 L, in Kooperation bis zu 10.000 L)
  • Metabolic engineering
  • Proteinengineering und zielgerichtete Mutagenese

Unsere Forschungsthemen

Permanente schmutzabweisende Proteinausrüstungen für fest installierte Heimtextilien (PPfit)
 

Fest installierte Heimtextilien wie textile Bodenbeläge und Möbelstoffe sind besonders starken Verschmutzungen ausgesetzt und schwer zu reinigen. Um ihre Lebenszeit zu verlängern, können diese Textilien mit schmutzabweisenden Ausrüstungen ausgestattet werden. Derzeit werden dafür üblicherweise Fluorcarbonverbindungen eingesetzt. Da diese Substanzen sehr stabil und wasserlöslich sind, verteilen sie sich im Wasserkreislauf bis in die Arktis, Antarktis und die Tiefsee. Durch ihre Aufnahme mit dem Trinkwasser und über das Einatmen reichern sie sich in Organismen an. Die Europäische Kommission gelangte zu der Auffassung, dass von Perfluoroctansäure (PFOA) ein nicht hinnehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt ausgeht und veröffentlichte eine Verordnung, die das Inverkehrbringen von PFOA-behandelten Heimtextilien ab 2020 deutlich beschränkt.

Hydrophobine sind eine besondere Klasse kleiner Proteine (ca. 10 kDa), die von filamentösen Pilzen gebildet werden und im Jahre 1991 erstmalig beschrieben wurden. Aufgrund der besonderen Verteilung hydrophiler und hydrophober Aminosäurereste an der Proteinoberfläche sind sie dazu in der Lage auf Oberflächen zu Monolagen zu assemblieren und die Hydrophilie des entsprechenden Materials umzukehren. Hydrophobe Oberflächen, wie z. B. Glas, können auf diese Weise hydrophobisiert und hydrophobe Oberflächen, wie z. B. Polyester, hydrophilisiert werden. Ihre schutzabweisende Wirkung wurde bereits nachgewiesen. Ziel dieses Projektes ist es, durch gezielte molekularbiologische Modifikation der Hydrophobins eine Vernetzung und/oder ein stabilere Anlagerung an die Oberfläche und damit eine verbesserte Verankerung der Ausrüstung auf dem Substrat zu erreichen. Dies beinhaltet die Modellierung von Proteinstrukturen und die gezielte Einführung funktioneller und reaktiver Gruppen an der Proteinoberfläche in Abhängigkeit von der chemischen Beschaffenheit der anvisierten Fasern (hauptsächlich Polyester und Polyamid). Es werden diejenigen Modifikationen gesucht, mit welchen höchstmöglich permanente Monolagen an Hydrophobin in einer auf das Auftragsverfahren angepassten Formulierung auf die verschiedenen Fasersubstrate aufgebracht werden können.

Das IGF-Vorhaben »PPfit – Permanente schmutzabweisende Proteinausrüstung für fest installierte Heimtextilien« 19649 BG/1 der Forschungsvereinigung Forschungs­kuratorium Textil e. V., Reinhardtstraße 12 – 14, 10117 Berlin wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

© Fraunhofer IAP
© Fraunhofer IAP

 

Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung von Florfliegenseide für neue Materialien

Seidenproteine stellen aufgrund ihrer beeindruckenden mechanischen Eigenschaften sowie ihrer Biokompatibilität eine interessante Materialklasse für unterschiedlichste Anwendungsbereiche dar. Exemplarisch für die faszinierenden mechanischen Eigenschaften kann der Eierstiel der Florfliege herangezogen werden. Der strukturell auf einer Cross-β-Orientierung basierte Seidenfaden vermittelt eine außergewöhnliche Biegesteifigkeit, um das auf ihm abgelegte Ei zu tragen. Um neuartige Biomaterialien aus Florfliegenseide zu realisieren, müssen Prozesse etabliert werden, welche eine ausreichende und kostengünstige Bereitstellung an Florfliegenseidenprotein ermöglichen.

Das von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe geförderte Projekt thematisiert die Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung von rekombinantem Florfliegenseidenprotein sowie die Verarbeitung des gereinigten Seidenproteins zu Materialien. Anhand von Hochzelldichtekultivierungen unter Nutzung von E.coli konnte das Florfliegenseidenproteins produziert werden. Basierend auf den speziellen Eigenschaften des Florfliegenseidenproteins wurde eine Reinigungsstrategie entwickelt, welche die Isolierung der Seidenproteine ermöglichte. Eine Verarbeitung des gereinigten Florfliegenseidenproteins zu Folien und Fasern konnte im Projekt ebenfalls gezeigt werden. Anhand von Strukturuntersuchungen (Weitwinkel-Röntgenstreuung und ATR-FTIR) wurde eine dominante antiparallele β-Faltblatt-Orientierung im aufgearbeiteten Seidenprotein sowie in den verarbeiteten Seidenmaterialien nachgewiesen.

© Fraunhofer IAP
Verarbeitetes gereinigtes Seidenprotein.
© Wikimedia Commons, Karthik R. Bhat
Die mechanischen Eigenschaften der Eierstiele der Florfliege sind so beachtlich, dass Forscher sie für technische Fasern nachbilden möchten.
© pixabay, artsehn
Florfliegen lagern ihre Eier auf der Spitze von seidenen Proteinfäden, die hochgradig biegesteif sind. Aus solchen Seidenproteinen entwickeln wir innovative Biomaterialien.