Elektrokalorische Wärmepumpen (ElKaWe)

Nachhaltig Kühlen und Heizen

Im Leitprojekt ElKaWe entwickeln sechs Fraunhofer-Institute unter der Koordination des Fraunhofer IPM neuartige elektrokalorische Wärmepumpen für Heiz- und Kühlanwendungen. Während heutige Wärmepumpen fast ausschließlich auf Kompressor-Technologie basieren, bieten elektrokalorische Wärmepumpen die Aussicht auf einen deutlich höheren Wirkungsgrad – und das ganz ohne klimaschädliche Kältemittel.

Im Fokus der Forschungsarbeiten stehen sowohl keramische als auch polymerbasierte elektrokalorische Materialien sowie ein innovativer Systemansatz, der eine besonders effiziente Wärmeübertragung ermöglicht. Ziel des Projekts ist es, zu demonstrieren, dass elektrokalorische Wärmepumpen langfristig eine Alternative zu herkömmlichen Kompressorsystemen darstellen können.

Wärmepumpen spielen eine zentrale Rolle für die Wärmewende, denn betrieben mit erneuerbarem Strom verbinden sie die Strom- mit der Wärmeerzeugung. Der bisher schleppende Ausbau von Wärmepumpen in der Gebäudeklimatisierung liegt nicht zuletzt an der eingeschränkten Wirtschaftlichkeit kompressorbasierter Systeme. Zudem macht das stufenweise Verbot klimaschädlicher Kältemittel im Rahmen der europäischen F-Gase-Verordnung die Entwicklung neuer kältemittelfreier Technologien dringend notwendig.

 

Elektrokalorische Polymere für innovative Wärmepumpen

Im Rahmen des Projekts entwickelt das Fraunhofer IAP besonders dünne und durchschlagfeste elektrokalorische Polymerfolien sowie freitragende Komponenten, die aus bis zu zehn dieser Folienschichten bestehen. Durch die gezielte Optimierung erreichen diese multilagigen Folien höhere Kühlleistungen und arbeiten deutlich effizienter als herkömmliche Materialien.

 

Dr. Michael Wegener

entwickelt am Fraunhofer IAP elektrokalorische Polymerfolien und leitet die Abteilung »Aktoren und Sensoren«.

 

Interview mit Dr. Michael Wegener

Nachhaltig Kühlen und Heizen: die Kraft innovativer Materialien

 

22.1.2025

Fraunhofer erzielt Fortschritte in der Elektrokalorik

Projektabschluss
Fraunhofer-Leitprojekt ElKaWe

Gut zu wissen:

  • Elektrokalorische Polymere sind funktionale Werkstoffe, die beim Anlegen eines elektrischen Feldes eine reversible Temperaturänderung zeigen. Beim Einschalten des Feldes steigt die Temperatur, da polare Strukturen innerhalb des Materials in eine geordnete Ausrichtung gezwungen werden. Wird das Feld abgeschaltet, sinkt die Temperatur wieder, da die Ordnung verloren geht. Dieses Phänomen beruht auf der Veränderung der Entropie im Material und ermöglicht innerhalb gewisser Grenzen eine sehr schnelle und unmittelbar elektrische Steuerung von Temperaturen.

  • Um eine effiziente Kühl- oder Heizleistung bei möglichst niedriger Betriebsspannung zu gewährleisten, verarbeiten wir elektrokalorische Polymere als dünne Schichten in multilagigen Aufbauten. Dies stellt hohe Anforderungen an die Homogenität, die elektrische Isolierung und die thermische Kontaktierung der einzelnen Lagen. Die Herstellung erfordert präzise Verfahren zur Prozessierung, Beschichtung und Laminierung von Polymerlagen sowie geeignete Elektrodenmaterialien. Besonders wichtig ist, die Betriebsspannung so gering wie möglich zu halten und durch gezielte Verkapselungen der elektrokalorischen Elemente eine sichere Handhabung zu ermöglichen.

  • Für eine hohe elektrokalorische Leistung sind mehrere Materialparameter entscheidend: eine große Änderung der Polarisation unter elektrischem Feld, eine hohe dielektrische Festigkeit, geringe thermische Verluste und eine gute mechanische Stabilität. Auch die Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit des Polymers beeinflussen die Geschwindigkeit und Effizienz der Temperaturwechsel sowie des anschließenden Wärmetransports. Polymerdesign und Modifizierungen – etwa durch chemische Veränderungen, thermische oder strahlungsinduzierte Nachbehandlung, das Einbringen von Füllstoffen, mechanische Verstreckung oder weitere Verfahren – ermöglichen uns eine gezielte Optimierung dieser Eigenschaften.

  • Das wohl naheliegendste Konzept einer Nutzung besteht in einer Wärmepumpe, die mittels der elektrokalorisch hervorgerufenen Temperaturänderungen einen gerichteten Wärmefluss erzeugt. Die Integration elektrokalorischer Polymere in solche Systeme erfordert eine enge Abstimmung von Material, Elektrodendesign, elektrischer Ansteuerung und Wärmeübertragung. Entscheidend ist ein effizienter thermischer Kontakt zu wärmeabgebenden oder -aufnehmenden Komponenten oder Medien, z. B. durch strukturierte Oberflächen oder wärmeleitende Zwischenschichten. Gleichzeitig müssen die elektrokalorischen Elemente elektrisch und chemisch isoliert und mechanisch stabil aufgebaut sein. Aufgrund ihrer Flexibilität bieten Polymere hier Vorteile bei der Integration in gekrümmte oder kompakte Geometrien – etwa in Miniaturkühlkörper, flexible Elektronik oder tragbare Systeme.

  • Im Vergleich zu keramischen elektrokalorischen Werkstoffen zeigen elektrokalorische Polymere höhere Temperaturänderungen. Sie können kostengünstig zu dünnen Folien verarbeitet und großflächig beschichtet oder gedruckt werden. Polymere sind zudem leicht, mechanisch flexibel, gut skalierbar und damit prädestiniert für Anwendungen, bei denen Gewicht, Formfaktor und Integration entscheidend sind.

  • Zur Bestimmung des elektrokalorischen Effekts werden indirekte und direkte Methoden eingesetzt. Indirekt erfolgt die Ermittlung über die temperaturabhängige Polarisation – meist durch dielektrische Spektroskopie – und anschließende Berechnung der Temperaturänderung mittels thermodynamischer Modelle. Diese Methode ist verbreitet, aber aufgrund modellabhängiger Annahmen potenziell ungenau.

    Direkte Messungen erfassen die reale Temperaturänderung beim Anlegen oder Abschalten eines elektrischen Feldes, z. B. mithilfe von Thermoelementen, Differenzkalorimetrie oder Infrarot-Thermografie. Am Fraunhofer IAP verwenden wir hochauflösende Infrarotkameras, da sie schnelle, kontaktlose Messung von Temperaturverläufe nermöglichen – ideal für dünne, multilagige Polymerfilme. Die verwendeten Elektrodenmaterialien weisen jedoch sehr niedrige Emissivitäten auf – ihre Oberfläche gibt also nur wenig Wärmestrahlung ab. Da diese Eigenschaft maßgeblich die Genauigkeit infrarotbasierter Temperaturmessungen beeinflusst, wird bei Bedarf eine definierte emissive Schicht aufgebracht und bei der Auswertung thermisch berücksichtigt.

    Für verlässliche, reproduzierbare Ergebnisse nutzen wir eine schnelle, leistungsfähige elektrische Ansteuerung, eine kontrollierte thermische Umgebung, eine stabil fixierte und gut wärmeentkoppelte Probenhalterung sowie nicht zuletzt einen geeigneten Ansteuer- und Auswertealgorithmus.