1. Was treibt Ihre Forschung an und welches Potenzial möchten Sie erschließen?
Der Ausgangspunkt unserer Arbeit ist das Fraunhofer-Leitprojekt ElKaWe, in dem wir gemeinsam mit mehreren Fraunhofer-Instituten an einer völlig neuen Generation von Wärmepumpen arbeiten – kompakt, leise, effizient und vor allem frei von klimaschädlichen Kältemitteln. Elektrokalorische Wärmepumpen nutzen stattdessen den elektrokalorischen Effekt: Dabei erwärmen sich spezielle Materialien einmalig beim Anlegen einer elektrischen Spannung und kühlen sich beim Abschalten der Spannung wieder ab.
Damit diese Technologie funktioniert und wirtschaftlich einsetzbar ist, braucht es jedoch Hochleistungsmaterialien, die genau für diesen Zweck entwickelt wurden. Hier kommt das Fraunhofer IAP ins Spiel: Unser Ziel ist es, neuartige und leistungsfähige Polymerfolien mit elektrokalorischen Eigenschaften zu entwickeln, die das Herzstück dieser Systeme bilden. Mit unseren multilagigen Komponenten aus diesen elektrokalorischen Folien möchten wir die Effizienz elektrokalorischer Wärmepumpen entscheidend steigern und damit das enorme Potenzial dieser Technologie für die Klimawende nutzbar machen.
Wir sehen hier die Chance, gemeinsam mit unseren Projektpartnern eine echte Alternative zu herkömmlichen Heiz- und Kühlsystemen zu schaffen – für Gebäude, Fahrzeuge, elektronische Geräte und überall dort, wo nachhaltige Temperierung gefragt ist.
2. Welche Erfolge oder Erkenntnisse aus Ihrer bisherigen Arbeit stimmen Sie besonders optimistisch? Wo sehen Sie noch spannende Herausforderungen?
Uns ist es gelungen, besonders dünne und durchschlagfeste elektrokalorische Polymerfolien und daraus freitragende Komponenten mit bis zu zehn Lagen dieser Folien zu realisieren – das ist international ein neuer Standard. Diese multilagigen Komponenten ermöglichen im Vergleich zu Einzelfolien niedrigere Betriebsspannungen und damit perspektivisch kostengünstigere Ansteuerelektronik bei gleichbleibender Effizienz im Heiz- bzw. Kühlsystem.
Eine wesentliche Herausforderung auf dem Weg zur kommerziellen Nutzung dieser Komponenten in Wärmepumpensystemen besteht darin, deren Herstellungsprozesse aus der Entwicklung mit kleineren Stückzahlen in eine industrielle Serienproduktion zu überführen. Darüber hinaus arbeiten wir daran, das Temperaturfenster, in dem die elektrokalorischen Polymere optimal funktionieren, weiter anzupassen und die eingesetzten Materialien noch nachhaltiger zu gestalten.
3. Wenn Sie an die Zukunft denken: Wo könnte Ihre Forschung konkret Wirkung entfalten?
Zum einen können elektrokalorische Wärmepumpen eine zentrale Rolle bei der dezentralen, energieeffizienten Wärme- und Kälteversorgung spielen. In der Gebäudetechnik könnten diese Systeme eine klimafreundliche Alternative zu herkömmlichen Heiz- und Kühlsystemen darstellen und so einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion des Energieverbrauchs leisten. Durch ihre Kompaktheit und den Verzicht auf klimaschädliche Kältemittel bieten sie enorme Vorteile im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Effizienz.
Zum anderen eröffnet die Elektrokalorik auch spannende Anwendungsmöglichkeiten in der Mobilität, etwa zur energiesparenden Klimatisierung des Innenraums oder der effizienten Temperaturregulierung der Batterien von Elektrofahrzeugen. Der Einsatz der Wärmepumpentechnologie mit elektrokalorischen Elementen ermöglicht dabei einen deutlichen Schritt hin zu nachhaltigeren Heiz- und Kühlsystemen.
Langfristig denken wir, dass diese Technologie eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung einer CO₂-armen Zukunft spielen kann – sowohl in der Energiewende als auch in der Mobilitätswende.
4. Gibt es eine Erkenntnis, einen Gedanken oder einen Ausblick, den Sie zum Abschluss gern mit der Fachwelt oder der Öffentlichkeit teilen möchten?
Unsere Arbeit zeigt sehr deutlich: Erst durch die Entwicklung innovativer Materialien und deren Verarbeitungsprozesse lassen sich neue Technologien wirklich zur Anwendung bringen. Gerade bei der Elektrokalorik, die noch am Anfang ihrer technischen Umsetzung steht, können Materialinnovationen den entscheidenden Unterschied machen.
Deshalb möchten wir andere Forschungseinrichtungen und die Industrie ermutigen, gemeinsam mit uns an diesen Zukunftstechnologien zu arbeiten – denn die Herausforderungen der Energiewende lassen sich nur interdisziplinär und mit vereinten Kräften lösen.